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Rechte des Nachbarn gegen Baugenehmigung

veröffentlicht am 04.06.2021 verfasst von RAin Nadine Hieß

Wird für ein angrenzendes Grundstück eine Baugenehmigung erteilt, müssen Sie das nicht einfach stillschweigend hinnehmen. Als Nachbar haben Sie Rechte, welche Sie geltend machen können.

Die Baubehörde darf ein Bauvorhaben nur dann genehmigen, wenn dem Vorhaben keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen. In diesem Fall besteht sogar ein Rechtsanspruch auf Erteilung der beantragten Baugenehmigung.

Ihre Rechte als Nachbar

Als Nachbar können Sie sich immer nur dann zur Wehr setzen, wenn eine Verletzung von nachbarschützenden und öffentlich-rechtlichen Vorschriften vorliegt.

1. Gebietsverträglichkeit

Das Bauvorhaben muss sich nach der sog. „Art der baulichen Nutzung“ in die Umgebung einfügen. Besteht ein Bebauungsplan, hat sich die geplante Nutzung hieran zu orientieren. Besteht kein Bebauungsplan und befinden wir uns im baurechtlichen Innenbereich, kommt es für die Zulässigkeit des Vorhabens hinsichtlich der „Art der baulichen Nutzung“ auf die vorhandene Umgebungsbebauung an. Ist hier ausschließlich Wohnnutzung vorhanden, kann sich eine geplante gewerbliche Nutzung also als unzulässig herausstellen. Als Nachbar können Sie den sog. Gebietserhaltungsanspruch geltend machen.

 

2. Maß der Nutzung

Ähnliches gilt für das sog. „Maß der baulichen Nutzung“. Dieses betrifft die maximal zulässige Grundstücksausnutzung (GRZ). Liegt das Vorhabengrundstück im Bereich eines Bebauungsplans, ist hierin möglicher Weise die maximal zulässige GRZ geregelt. Überschreitungen bedürfen dann einer Abweichungsgenehmigung. Besteht kein Bebauungsplan, hat sich das Vorhaben auch hinsichtlich des „Maßes der baulichen Nutzung“ an der vorhandenen Bebauung zu orientieren. Es darf also nicht sehr viel mehr Grundstücksfläche in Anspruch nehmen verfügen, als die in der Umgebung vorhandenen Gebäude. Soll das geplante Gebäude über mehr Geschosse verfügen als diejenigen in der Umgebung und ist es folglich höher, kann dies zu einer unzulässigen „erdrückenden Wirkung“ führen.

 

3. Lärm/Immissionen

Lärm durch einen Gewerbebetrieb oder z.B. ein erhöhtes Verkehrsaufkommen können insbesondere dann gegen ein Vorhaben angebracht werden, wenn die Zumutbarkeitsgrenze überschritten wird. Starre Grenzen gibt es hierfür zwar nicht, es können jedoch die Grenzwerte der TA Lärm herangezogen werden. Bei einer Überschreitung der hierin genannten Werte, wird nach dem Stand der Technik von Werten im gesundheitsgefährdenden Bereich ausgegangen.

 

4. Abstandsflächen

In den Bauordnungen der Länder sind die einzuhaltenden Grenzabstände geregelt. Werden diese nicht eingehalten, können Sie als Nachbar gegen die Baugenehmigung vorgehen.

 

Zusammenfassend gilt, dass ein Bauvorhaben nicht rücksichtslos sein und die Nachbarn nicht unzumutbar beeinträchtigen darf.

Widerspruch/Anfechtungsklage gegen die Baugenehmigung

Wurde dem Nachbarn eine Baugenehmigung erteilt und möchten Sie sich hiergegen zur Wehr setzen, gilt es zunächst zu prüfen, ob Sie hiergegen Widerspruch erheben können oder direkt vor das Verwaltungsgericht gehen müssen. Ob ein Widerspruchsverfahren einem gerichtlichen Verfahren vorgeschaltet ist, ist von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich, da sich dies nach dem jeweiligen Landesrecht richtet.

 

 

Verwaltungsgerichtliches Eilverfahren

Im Baurecht gilt jedoch bundesweit, dass Widerspruch und Klage eines Dritten gegen eine Baugenehmigung keine sog. aufschiebende Wirkung haben. Das bedeutet, dass der Nachbar – trotz Ihres Widerspruchs oder Ihrer Klage – bauen darf. In diesem Fall baut er mit dem Risiko, dass sich die Baugenehmigung später als rechtswidrig erweist und er später alles rückgängig machen muss. Wollen Sie verhindern, dass mit dem Bau begonnen wird, ist also in jedem Falle ein Eilantrag (sog. Antrag auf Aussetzung der Vollziehung) an das Verwaltungsgericht zu stellen, um zu erreichen, dass von der Baugenehmigung bis zur Entscheidung über den Widerspruch und/oder die Klage kein Gebrauch gemacht werden darf.

Sowohl für den Widerspruch als auch die Klage gegen die Baugenehmigung laufen Fristen. Sollte Ihnen eine Abschrift der Baugenehmigung zugestellt worden sein, beträgt diese Frist lediglich einen Monat ab Zustellung. In diesem Fall ist Eile geboten. Erfahren Sie anderweitig von dem Bauvorhaben, etwa weil Sie beobachten, dass Vorbereitungen stattfinden und ist Ihnen die Baugenehmigung nicht zugestellt worden, beträgt die Frist ein Jahr.

 

Gerne unterstütze ich Sie bei diesem Thema. Vereinbaren Sie einen ersten Beratungstermin telefonisch oder per E-Mail.

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